Zusammenfassung
Ziele: Der Beitrag geht der Frage nach, ob es im Rahmen des obligatorischen Qualitätsmanagements
von Einrichtungen der vertragsärztlichen Versorgung gelingen könnte, die Kooperation
mit Selbsthilfezusammenschlüssen als festen Bestandteil alltäglichen Handelns zu implementieren.
Dabei werden Ergebnisse einer Vorstudie zur Entwicklung eines Modellprojekts „Selbsthilfefreundliche
Arztpraxen” berichtet und diskutiert.
Methodik: Der Zugang zu dem in der wissenschaftlichen Literatur bisher kaum behandelten Thema
erfolgte hauptsächlich durch eine umfassende Internet-Recherche und Dokumentenanalyse
der verfügbaren Qualitätsmanagementsysteme (QMS). Darüber hinaus wurden sieben Vertreter
der QMS zum Stand der Integration und zu den zukünftigen Möglichkeiten einer Aufnahme
von Selbsthilfefreundlichkeit als Qualitätsmerkmal befragt.
Ergebnisse: Neben 2 branchenneutralen wurden 5 branchenspezifische QMS identifiziert, die eine
Integration von „Selbsthilfefreundlichkeit” als Qualitätskriterium grundsätzlich zulassen.
Auch bei den Vertretern der QMS stieß das Konzept auf hohe Akzeptanz. Bei drei von
ihnen führte die Befragung zu unmittelbarer Aufnahme dieses Aspekts in aktuell laufende
Aktivitäten zur Formulierung von Qualitätszielen und -kriterien.
Schlussfolgerung: Trotz seiner prinzipiellen Integrierbarkeit bedarf die weitere Entwicklung und Konkretisierung
des Konzepts der Klärung verschiedener Fragen (z. B. Hierarchie der Qualitätsziele)
sowie der Erprobung zusammen mit den Beteiligten. Parallele Prozesse im Gesundheitssystem
und die politische Steuerung der Qualitätsentwicklung im Gesundheitswesen sind für
die nachhaltige Verankerung der Selbsthilfefreundlichkeit von großer Bedeutung.
Abstract
Objectives: The article discusses different possibilities to integrate a sustainable co-operation
with self-help groups within the framework of the obligatory quality management in
SHI-physicians’ establishments. The results of a pilot study, which was conducted
to develop a model project “self-help friendly doctor's offices”, are presented and
discussed.
Methods: Until now the subject has been being rarely discussed in the scientific literature.
Therefore, we carried out an extensive internet research and document analysis of
available quality management systems (QMS). Furthermore, the representatives of the
QMS were asked to assess both the current status of integration and prospective chances
of including “self-help Friendliness” as a core element of quality.
Results: We could identify 2 generic and 5 specific QMS concerning ambulatory medical care
which all offer the chance to integrate “self-help Friendliness” as a quality criterion.
The concept of “self-help friendly doctor's offices” also found great acceptance with
the representatives of the QMS. As a side effect of the QMS-expert-interviews, 3 of
them announced that they would include this aspect in the current development of the
quality objectives and criteria of their QMS.
Conclusion: The criterion “self-help friendliness” is principally capable of being integrated
in several QMS. However, the further development of the approach needs answers to
different questions (e.g., hierarchy of quality criteria), and a test period with
all parties involved. Parallel processes in the health-care system as well as the
political regulation of quality management in health-care are of great importance
for a successful implementation of “self-help friendliness”.
Schlüsselwörter
Selbsthilfefreundlichkeit - Patientenorientierung - ambulante Versorgung - Qualitätsmanagementsystem
Key words
self-help friendliness - patient orientation - outpatient care - quality management
system
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1 Es handelt sich bei diesem Artikel um eine Bestandsaufnahme auf Basis eines „Beschlusses
des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Qualitätsmanagement-Richtlinie vertragsärztliche
Versorgung“, veröffentlicht vom BMGS am 18. Oktober 2005. Die Expertise wurde vom
BKK Bundesverband gefördert und mit dem Projektbeirat abgestimmt [1 ]. Zum Beirat gehören Vertreterinnen und Vertreter der folgenden Institutionen: Vorstand
Selbsthilfekoordination (SeKo) Bayern; Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB); Kassenärztliche
Bundesvereinigung (KBV); Stabsstelle Patientenorientierung; Betriebskrankenkassen
Landesverband Bayern; Betriebskrankenkassen Bundesverband (BKK BV); Kooperationsstelle
Selbsthilfegruppen und Ärzte (KOSA) Nordrhein; Nationale Kontaktstelle Selbsthilfegruppen
(NAKOS); Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose; Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen
e. V. (DAG SHG); Institut für Medizin-Soziologie im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Korrespondenzadresse
Dr. phil. S. Nickel
Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Psychosoziale Medizin
Institut für Medizin-Soziologie Martinistraße 52
20246 Hamburg
Email: ickel@uke.uni-hamburg.de